Hintergrund

Leere Westempore vor dem Bau der Hauptorgel – Foto: Lars Altstadt
Leere Westempore vor dem Bau der Hauptorgel – Foto: Lars Altstadt

 

Warum gab es keine Hauptorgel?

Im Kloster Wiblingen kommt die Westroute der oberschwäbischen Barockstraße zu einem krönenden Abschluss. Auch zeitlich endet sie hier: In Schwaben wurde nach dem Bauvorhaben in Wiblingen kein anderer Konventbau mehr in Angriff genommen. Der prächtige Bibliothekssaal ist im Stil des Rokoko gehalten, doch der Grundstein zur Kirche wurde erst 1772 gelegt. Baumeister Johann Georg Specht war noch von barocken Vorstellungen geprägt; den Innenraum der Kirche gestaltete der Maler Januarius Zick aber bereits im neuen – klassizistischen – Stil.

 

1783 wurde die Klosterkirche geweiht – fertig war sie zu diesem Zeitpunkt aber nicht: Der burgähnlichen Front fehlen bis heute der monumentale Giebel über den Fenstern und die beiden flankierenden Haubentürme, die eine Höhe von 72 Metern hätten erreichen sollen. Auch der Innenraum blieb unvollendet: Auf der Empore über dem Eingang ist in allen Entwürfen eine große Hauptorgel vorgesehen. Gebaut wurde sie nie: Erst fehlte das Geld, dann wurden die Benediktinermönche – nur 23 Jahre nach der Einweihung ihrer Kirche – von der Säkularisation kalt erwischt.

 

Chororgel
Chororgel

Warum wollten wir eine Hauptorgel?

Als die Klosterkirche St. Martin eingeweiht wurde, erklang nur die kleine Orgel, die der Ottobeurer Orgelbauer Johann Nepomuk Holzhey ins (rechte) Chorgestühl der Mönche eingebaut hatte. Dieses Instrument ist leider nicht mehr erhalten. Es wurde zweimal ersetzt, zuletzt in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Von ihrer Lage und Größe her ist die Chororgel aber nur dazu gedacht, das Chorgebet der Mönche im Chorraum zu begleiten. Dort bleibt ihr Klang, ins Kirchenschiff dringt er nur indirekt.

 

Musikalisch war deshalb in der Basilika Wiblingen vieles nicht möglich: Die Chororgel kann weder solistisch noch im Wechselspiel mit dem Orchester hervortreten. Orgelkonzerte lassen sich darauf ebenso wenig realisieren wie die Chororgel bei größeren Festgottesdiensten zur Gemeindebegleitung einsetzbar ist. Aber auch die anderen Musizierenden waren durch das Fehlen der Hauptorgel beeinträchtigt: Immer, wenn die Orgel als Begleitinstrument eingesetzt wurde, waren alle anderen Aufführenden räumlich an den Chorraum gebunden. Gerade die Hauptempore, die ausdrücklich als Musikempore konzipiert ist, konnte nicht genutzt werden.